Zu alt für ein Tier aus dem Tierschutz?

Homeless,Mongrel,Dogs,Is,Sitting,On,A,Cage,In,Animal
Shutterstock, Ann Tyurina

Die Bereitschaft, Tieren ein erfülltes Leben zu ermöglichen, kennt keine Altersgrenzen. Dennoch stoßen ältere Tierliebende auf unerwartete Hürden, wenn sie sich den Traum vom befellten Familienmitglied verwirklichen möchten. In einigen deutschen Tierheimen gibt es nämlich eine Altersobergrenze für potenzielle Adoptanten, die ältere Menschen von vornherein ausschließt. Wir fragten uns: Ist ein solches einseitiges Ausschlussverfahren sinnvoll? Dazu sprachen wir mit Babette Terveer, Vorsitzende des Tierschutzvereins „Notpfote Animal Rescue e. V.“ und 1. Vorsitzende des Tierheims Dormagen, die mit vielen ehrenamtlichen Helfenden die Projekte „Senioren für Senioren“ und „Senioren für den Tierschutz“ ins Leben gerufen hat.

Das Alter sollte kein Ausschlusskriterium bei der Tieradoption sein

Gerade für ältere Menschen sind Haustiere etwas ganz Besonderes. Sie sind oft mehr als Tiere; sie sind Familienmitglieder, manchmal sogar Lebenspartner, die emotionalen Halt geben, Struktur in den Tagesablauf bringen, Aktivitäten fördern und für Lebensqualität und Wohlbefinden sorgen.

Bei der Suche nach einem befellten Gefährten können Senior:innen jedoch auf Hürden stoßen, mit denen sie nicht gerechnet hätten. In verschiedenen deutschen Tierheimen gilt nämlich die Altersobergrenze von 60 Jahren als Ausschlusskriterium für potenzielle Tier-Eltern. Der Grund dafür ist sicher nachvollziehbar, denn das Tierwohl hat für die Tierheime oberste Priorität. Jedes Tier, das vermittelt wird, soll ein liebevolles und bedürfnisorientiertes Zuhause finden; und das möglichst bis zum Ende seines Lebens. Trotzdem sollte das Alter bei einer Tieradoption nicht als vorrangiger Pro- oder Kontra-Punkt betrachtet werden.

Shutterstock, D-G Studio

Adoptionskriterien jenseits des Alters: Was wirklich zählt

Neben dem Alter sollten noch andere Faktoren in die Adoptionsentscheidung einbezogen werden. Und auch die potenziellen Tier-Eltern sollten sich mit wichtigen Fragen auseinandersetzen:

  • Gesundheit und Mobilität der Adoptanten: Bin ich körperlich und geistig in der Lage, mich um ein Tier zu kümmern?
  • Energielevel des Tieres: Passt der Bewegungsdrang und die Aktivität zu meinem Lebensstil und werde ich den Bedürfnissen des Tieres gerecht?
  • Tierart und Rasse: Welche Tierart oder Rasse passt am besten zu mir?
  • Pflegeaufwand: Wie viel Zeit kann ich für Pflege, Auslauf, Fütterung, Interaktion mit dem Tier täglich aufbringen?
  • Lebenssituation: Entspricht mein Zuhause und mein Umfeld den Bedürfnissen eines Tieres?
  • Kosten: Habe ich die finanziellen Ressourcen, um die Kosten wie Futter oder Tierarzt zu tragen?
  • Langfristige Verpflichtung: Bin ich bereit, mich für die Lebensdauer des Tieres um es zu kümmern?
  • Unterstützungssystem: Kann mir jemand, beispielsweise im Krankheitsfall, helfen?
Shutterstock, wavebreakmedia

Tierliebe kennt kein Alter: Warum ältere Menschen großartige Tier-Eltern sind

Babette Terveer, die Initiatorin von „Senioren für Senioren“ und „Senioren für den Tierschutz“ kann eine Altersgrenze bei der Tieradoption nicht verstehen. Im Gegenteil, sie betont: „Bei uns gibt es keinerlei Altersbegrenzung, wir schauen auf andere Dinge. Seniorinnen und Senioren sind die Menschen, die aus meiner Sicht ein wahnsinniges Potenzial für die Tierpflege und den Tierschutz haben. Sie haben die Zeit, mehr Geduld und sind nicht mehr so intensiv in den Familienalltag involviert. Ältere sind oftmals auch die Menschen, die noch eine Aufgabe suchen, die ein sehr erfülltes Berufsleben hatten und denen jetzt einfach langweilig ist. Dazu kommt die Einsamkeit. Es gibt ja viele in dieser Generation, die geschieden sind oder deren Partner bereits verstorben ist.
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die älteren Tier-Eltern sich toll um ihre Tiere kümmern. Ich empfinde es als eine Diskriminierung der älteren Menschen, wenn sie kein Tier adoptieren dürfen. Seniorinnen und Senioren können noch so einen wichtigen und großartigen Beitrag für die Tiere und natürlich auch für unsere Gesellschaft leisten.“

Die Situation in Tierheimen: Ältere Tiere und begrenzte Vermittlungschancen

Die Lage in den meisten Tierheimen ist dramatisch. Deutschlandweit werden pro Jahr etwa 350.000 Tiere in Tierheimen untergebracht – und diese Zahl steigt kontinuierlich. Viele Tierheime arbeiten am Limit oder sind überbelegt. Es fehlt an Platz, Personal und finanziellen Mitteln. Die steigenden Tierarztkosten sind ein Grund von vielen, warum so viele Tiere im Tierheim landen. Besonders die Besitzer:innen von älteren Tieren sind davon betroffen. Wenn das normale Einkommen nicht ausreicht, bleibt oft nur der Weg ins Tierheim, um das ältere oder kranke Tier versorgen zu lassen. Für ältere Tiere im Tierheim kann es sehr lange dauern, bis sie ein neues Zuhause finden. Oftmals ist das Tierheim sogar die letzte Station auf ihrem Lebensweg.

Shutterstock, Budimir Jevtic

„Senioren für Senioren“ ein gelungenes Projekt für Mensch und Tier

Um solch traurige Schicksale zu verhindern, engagiert sich der Verein „Notpfote Animal Rescue e. V.“ nicht nur für die Vermittlung von Tieren aus dem Tierschutz, sondern auch dafür, älteren Tieren bei älteren Menschen einen schönen Lebensabend in einem schönen Zuhause zu ermöglichen. Und auch nach der Vermittlung werden Mensch und Tier weiter betreut. Babette Terveer erklärt: „Ich finde, man kann nicht einfach an Senioren einfach nur Tiere vermitteln, sondern man muss sie weiterhin betreuen. Die Seniorinnen und Senioren werden auf gar keinen Fall alleingelassen. Wir bleiben dran, je nach Wunsch entweder ganz eng oder so, dass wir in größeren Abständen nachfragen, ob alles in Ordnung ist. Wenn wir erfahren, dass Tiere krank sind oder operiert werden müssen, lassen wir Mensch und Tier nicht im Stich. Denn wir wissen natürlich auch, dass viele Seniorinnen und Senioren nicht so viel Geld haben.“
Dass eine solche Zusammenarbeit von Tierschutz und Tier-Eltern auch in Tierheimen funktionieren kann, zeigt das Beispiel des Düsseldorfer Tierheims, das das Projekt übernommen hat und sehr erfolgreich „Senioren an Senioren“ vermittelt.

Tierische Begleiter im Ruhestand: Erfolgreiche Vermittlungen für ein erfülltes Mensch-und Tierleben

Es gibt zahlreiche Beispiele, die zeigen, dass Tieradoptionen auch im höheren Alter erfolgreich sein können, wie Babette Terveer aus ihrer langjährigen Erfahrung berichtet: „Man kann ja sagen, dass viele der heutigen Achtzigjährigen ungefähr die 60- bis 65-Jährigen von vor 30 Jahren sind. Wir haben zum Beispiel eine ältere Dame, die ist mittlerweile 94. Sie betreute in den letzten 10 Jahren 3 Hunde. Daran sieht man, dass es funktionieren kann. Schlussendlich kann ich sagen, dass bei uns mindestens 95 Prozent der vermittelten Hunde-Menschen-Partnerschaften richtig gut laufen.

Unser erklärtes Ziel ist es, dass die Hunde ihre Menschen nicht überleben und in ihrem hohen Alter noch einmal ins Tierheim müssen bzw. komplett aus der gewohnten Umgebung herausgerissen werden.“ Abschließend sagt Babette Terveer: „Ich würde mich freuen, wenn Sie schreiben, dass wir immer auf der Suche nach freundlichen Senioren sind, die uns in der Seniorenarbeit helfen. Bitte melden Sie sich bei uns! Sie werden sehr gerne aufgenommen!

Und auch, wenn jemand auf der Suche nach einem Tier ist, kann er oder sie sich gerne an uns wenden. Wir sind auch darauf spezialisiert, den perfekten tierischen Begleiter für Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu finden, z. B. für Rollstuhlfahrer oder Menschen, die auf eine Gehhilfe angewiesen sind. Natürlich stehen wir zuallererst in Nordrhein-Westfalen als Ansprechpartner zur Verfügung. Aber auch bundesweit kann man uns anrufen und wir versuchen zu helfen.“

Weitere Infos findet Ihr in der Info-Box.

Shutterstock, wavebreakmedia

Fazit: Erfolgreiche Vermittlung durch individuelle Prüfung statt Pauschalregelungen

Wenn Menschen sich entscheiden, Tiere aus dem Tierheim zu adoptieren, sollten sie dazu nicht nur aufgrund ihres Alters beurteilt werden. Die Idee einer ganzheitlichen Eignungsbeurteilung könnte der richtige Weg sein. Auf diese Weise hätten auch ältere potenzielle Tier-Eltern eine Chance, einem Tier ein liebevolles Zuhause zu schenken. Alter ist eben manchmal doch nur eine Zahl. Der individuelle Lebensstil, die finanziellen Möglichkeiten, die physische und psychische Gesundheit, die Mobilität sowie die Motivation und Bereitschaft, sich um ein Tier zu kümmern, können weitaus wichtiger sein. Und so könnte das berühmte Zünglein an der Waage dann doch in eine ganz andere Richtung ausschlagen und aus einem Adoptions-Nein ein ganz klares JA für Tier und Mensch werden lassen.

Infobox:

Tierschutzverein Notpfote Animal Rescue e. V., Düsseldorf

Tierschutz-Plus: Grenzenlos mit 🖐🏼 & 🐾 (notpfote.de)
Tel.: +49 (0)1 151 41 67 19 13
E-Mail:
info@notpfote.de

Was denkt Ihr über eine Altersobergrenzen bei der Tieradoption?

Glaubt Ihr, dass ältere Menschen genügend Erfahrungen und noch ausreichend Ressourcen haben, um sich um ein Haustier zu kümmern?

Habt Ihr selbst Erfahrungen mit der Adoption eines Haustieres im höheren Lebensalter? Wenn ja, welche Herausforderungen, Überraschungen oder Freuden habt Ihr dabei erlebt?

5 Antworten

  1. Guten Morgen,
    ich bin Wissenschaftler und kann bestätigen, dass das Streicheln eines Haustieres den Stresslevel messbar senken und die Entspannung fördern kann. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die Anwesenheit eines Haustiers den Blutdruck und die Herzfrequenz senken kann.
    Ausserdem sehe ich als weitere Pluspunkte:
    1. Sinn für Verantwortung: Die Pflege eines Haustiers gibt älteren Menschen eine tägliche Aufgabe und ein Gefühl der Verantwortung, was ihr Selbstwertgefühl stärken kann.
    2. Soziale Interaktion: Haustiere sind oft ein Gesprächsthema und bieten älteren Menschen die Möglichkeit, sich mit anderen Tierliebhabern auszutauschen und neue Freundschaften zu knüpfen.

    LG von Fred

  2. Hallo, also ich denke gerade für ältere Menschen bieten Haustiere nicht nur Gesellschaft, sondern auch emotionale Unterstützung, sie sind treue Begleiter, die bedingungslose Liebe und Zuneigung schenken. Sie können Gefühle der Einsamkeit reduzieren und das emotionale Wohlbefinden steigern.
    Eigentlich sollte die Krankenkasse das fördern oder sogar bezahlen, denn ich bin sicher das reduziert auch Krankheiten.

Schreibe einen Kommentar

JETZT 20,00 € AMAZON GUTSCHEIN SICHERN

Schön, dass Du unsere Artikel liest! Wir würden Dich sehr gern auch als Newsletter-Abonnent gewinnen, um Dich mit exklusiven Inhalten und den allerneuesten Artikeln zu inspirieren. Als kleines Dankeschön schenken wir Dir einen 20,00 € Amazon Gutschein*.

Melde Dich zum Marie&Henry Newsletter an und hol Dir Deinen 20,00 € Amazon Gutschein*

*solange der Vorrat reicht

Liebe Marie&Henry Leser,

mit gemischten Gefühlen möchten wir euch heute sagen, dass für uns, fünf Menschen in ihren besten Jahren, unser Herzensprojekt Marie&Henry an dieser Stelle leider zu Ende geht.

Wir haben Geschichten erzählt, die uns bewegt und inspiriert haben und stolz mit angesehen, wie unsere Leser mit uns gewachsen sind – leider nicht in dem Maße, dass sich das Ganze langfristig trägt.

Obwohl wir die Plattform einstellen, bleibt unsere Liebe zur Gestaltung inspirierender Inhalte ungebrochen und wenn eine*r von euch eine Idee hat, wie die Reise mit Marie&Henry doch noch weitergehen könnte, oder etwas ganz Neues, her damit hallo@marie-henry.de

Abschließend ein herzliches DANKE an unsere Leser, Autoren und alle, die Teil dieser wundervollen Reise waren. 

Bis bald,

Chris, Isa, Andrea, Judith und Corie

Oops! Aktuell sind alle Gutscheine vergriffen, doch wir laden gerade nach! Bitte schau in ein paar Tagen vorbei, dann sollten wieder welche verfügbar sein.