Strandkorb-Schönheiten

Ein Platz an der Sonne
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Bild: Shutterstock, ii-graphics

Strandschönheiten, Wind- und Wetter-Helden – Sonnenschutz im Flechtlook. Nichts steht so sehr für Sommer an der Nord- und Ostsee wie Strandkörbe. Auf Sylt und Usedom werden sie immer noch von Hand geflochten und in der ganzen Welt aufgestellt. Echte deutsche Wertarbeit eben, die Urlaubsgefühle auch auf die heimischen Terrasse zaubern kann.

Wenn der himmelblaue Opel Blitz, Baujahr 1950, über die Straßen von Sylt brummt, wissen Eingeweihte: Da wird sich jetzt aber jemand freuen! Familie Trautmann liefert nämlich gerade mal wieder einen ihrer Strandkörbe aus. Ein Bild von einem Sonnensitz! Von Hand geflochten und stabil bis in alle Ewigkeit. Und natürlich kutschieren sie die Wertarbeit nicht nur zu den Stränden und Terrassenbesitzern der Nordseeinsel, sondern lassen sie – dann per Schiff und modernster Logistik – bis zu ihren Kunden nach Kanada und Australien bringen.

Aber natürlich auch ins Rhein- oder Schwabenland. „Gerade in den letzten beiden Coronasommern haben sich etliche Kunden gemeldet, die sonst regelmäßig ihre Ferien auf Sylt verbringen“, sagt Benjamin Trautmann, der neben Vater Willy, Schwester Svenja und Schwager André den Familienbetrieb „Sylt-Strandkörbe“ in Rantum leitet. „Einige gönnten sich jetzt solch einen Zweisitzer als Ersatz für den Urlaub, den sie nicht machen konnten.“ Der Strandkorb als standfester Krisensitz.

Bild: Shutterstock, Harald Lueder

Dabei startet die Geschichte des Insel-Unikums tatsächlich auch in einer Zeit der Not: Der Zweite Weltkrieg ist gerade vorüber, da beginnt der Ex-Soldat Paul Schardt auf Sylt, eine Korbflechterei aufzubauen. Sein Strandkorb unterscheidet sich allerdings von dem Modell, das man sonst an der Ostseeküste antrifft, dort, wo der Wind- und Sonnenschutz erfunden wurde: Sein Zweisitzer lässt sich nach hinten kippen, während das ursprüngliche Exemplar starr und rundlich in der Form ist. Stiefsohn Willy Trautmann steigt in den 1970er Jahren mit einer abgeschlossenen Tischlerlehre in den Familienbetrieb ein. Die dritte Generation – Tochter Svenja (42) und Sohn Benjamin (34) – ist auch schon seit Jahren mit an Bord. Und weitere 14 Mitarbeiter, die heute sommers wie winters im Süden von Sylt den Platz an der Sonne entstehen lassen.

Etwa einen halben Tag brauchen gestandene Korbmacher zum Flechten des PVC-Materials. Es ersetzt schon seit Jahren das ursprüngliche Peddigrohr, aus dem früher die Strandkörbe gefertigt wurden. Deshalb trotzen jetzt bieg- und flechtbare Kunststoffbänder Wind und Regen. Vorzugsweise übrigens in Weiß, das sich so schön mit den blau-weißen Blockstreifen der Polsterung zur Sommerfrische verbindet. Aber der Klassiker hat Konkurrenz bekommen: Wer sich ins Stoffkontor der Sylter Manufaktur begibt, darf sich durch 70 weitere Markisenstoffe wühlen.

Bild: Shutterstock, MIND AND I

Aber bevor die zum Einsatz kommen, muss der Tischler erst einmal Rahmen- und Kleinteile aus Holz anfertigen. In der Taucherei werden sie lasiert und witterungsfest imprägniert. Nach dem Trocknen setzt sich dann der Korbflechter an sein Werk: Etwa 500 Meter Kunststoffbänder verbraucht er für einen einzigen Strandkorb. Nach dem Zuschneiden der Stoffe und dem Polstern und Beziehen der Sitzflächen, Fußrasten und Seitenteile kann dann der Stuhl zusammengesetzt werden. Die ganze Prozedur dauert etwa acht bis zehn Stunden und erklärt den hohen Preis des Garten- und Terrassenmöbels, das doch eigentlich für den Strand erfunden wurde.

Und zwar in der Werkstatt von Wilhelm Bartelmann in Rostock. Der kaiserliche Hofkorbmacher entwarf ihn 1882 für Elfriede von Maltzahn. Die Adelige litt unter schwerem Rheuma, wollte dennoch nicht auf ihre geliebte Sommerfrische an der See verzichten. Der Stuhl sollte sie vor Wind und Sonne schützen. Es war ein aus Weiden und Rohr geflochtener Einsitzer, der aber mächtig Eindruck bei den anderen Feriengästen machte. Bald konnte sich Bartelmann vor Aufträgen kaum retten. Zusammen mit seiner Frau gründete er die erste Strandkorbvermietung in der Nähe des Leuchtturms in Warnemünde.

Bild: Shutterstock, travelview

Heute säumen etwa 70.000 Strandkörbe allein die Küsten an Nord- und Ostsee. Unzählige andere machen ihre Besitzer im heimischen Garten und auf der Terrasse glücklich. Nur eine Handvoll Korbflechter stellen sie weiterhin in Handarbeit her. Unter ihnen die Trautmanns auf Sylt und die älteste Strandkorbmanufaktur Deutschlands in Heringsdorf auf der Insel Usedom. Immer noch streiten sich die Fans, wer denn der Schönste im Land sei: das Ostseemodell mit seinen runden oder die Nordseevariante mit ihrer eckigen Form. Was für eine Frage!

Welcher Urlaubstyp bist Du: Balkonien – ab an die Ostsee – oder weit in die Ferne?

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