Sex Toys sind ein fantastisches Geschenk

Der Sextoy-Markt boomt und noch nie konnte so frei und offen über Sexualität gesprochen werden wie heute. Was geht das Menschen in der zweiten Lebenshälfte an? Eine ganze Menge, weiß Sexualtherapeutin Theresa Lachner.
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Bild: Shutterstock, Olga Gorkovtseva

Was weiß man darüber, wie sich Sex in der zweiten Lebenshälfte entwickelt?

Im Großen und Ganzen kann man sagen: sehr erfreulich. Auf der einen Seite ist es zwar so, dass sich der Sex aus dem Leben schleichen kann. Da gilt die Devise „use it or lose it“. Wenn man diesem Ratschlag jedoch folgt, kann man sich bis ins hohe Alter eine sehr aktive und befriedigende Sexualität bewahren. Erhebungen zeigen: Menschen um die siebzig haben signifikant mehr Sex als etwa Vertreter*innen der Gen Z, also jener Menschen, die nach 1995 geboren wurden.

Wie kommt das? In der Öffentlichkeit ist Sexualität doch immer noch mit jungen Körpern assoziiert?

Vermutlich kommen mehrere Faktoren zusammen. Für jüngere Generationen gilt leider tatsächlich oft das „oversexed and underfucked“-Klischee. Allen Body-Positivity-Trends zum Trotz werden sie über Social Media immer noch mit völlig unrealistischen Körper-Idealen konfrontiert – das wirkt sehr verunsichernd. Menschen ab fünfzig sind damit sich mehr im Reinen, haben ein solideres Selbstbewusstsein. Auch kann die Menopause der Frau befreiend wirken – und zwar für alle Geschlechter. Wird Sex von Fortpflanzung entkoppelt, kann das eine Lust zur Folge haben. Viele stellen dann auch fest: Sex kann man trainieren. Je mehr man davon hat, umso besser wird er. Toys können da eine wahre Offenbarung sein.

Ist es nicht so, dass viele Menschen eine Scheu vor Sextoys haben?

Dazu muss man wissen, dass sich der Toy-Markt in den letzten Jahren radikal geändert haben. Viele denken bei Sextoys noch an diese Dildos, die aussehen wie geäderte Riesenschwänze. Sowas gibt es, klar – aber eben auch unendlich viel mehr.

Was empfehlen Sie allen, die noch keine Erfahrungen mit Toys haben?

Es gibt sehr viele Einstiege. Für ideal halte ich zum Beispiel den Magic-Wand-Massageball. Das ist eine rotierende Kugel auf einem Stab. Die lässt sich zur Nackenmassage benutzen, Menschen aller Geschlechter können damit ausprobieren, ob Vibration für sie stimulierend ist. Auch kann der Magic Wand sehr gut von Paaren beim Sex verwendet werden. Überhaupt können alle Toys nicht nur allein verwendet werden, sondern auch den gemeinsamen Sex aufregender machen: Für Paare empfehle ich auch gerne Vaginalspangen oder Kugeln zum Einführen. Toys sind übrigens auch ein fantastisches Geschenk. Da muss man dann auch gar nicht viel drüber reden. Man kann es einfach mal gemeinsam ausprobieren.

Bild: Shutterstock, Dalaifood

Viele Toys wirken heute sehr technisch und futuristisch – wie viel Expertise braucht man, um die zu bedienen?

Das stimmt. Viele Toys sehen aus wie eine Computermaus. Da kommen verschiedene Entwicklungen zusammen. Zum einen gibt es einfach tolle neue Produkte, etwa diese Dinger, die ich als kleinen Klitoris-Staubsauger bezeichne. Die stimulieren sehr zielgenau und effektiv. Dann spielt natürlich auch die Digitalisierung eine immer größere Rolle. Es gibt Bluetooth-gesteuerte Geräte, die sich auch der Ferne bedienen lassen, die können dann in Fernbeziehungen zum Einsatz kommen. Und nicht zuletzt soll durch technischere Produkte auch ein männlicher Markt in den Fokus genommen werden – der bisher eher vernachlässigt wurde.

Bild Shutterstock, AlessandroBiascioli

Wie kommt es eigentlich, dass der Toy-Markt seit einigen Jahren so boomt?

Auch hier kommen mehrere Prozesse zusammen. Zum einen werden Toys immer sichtbarer, das liegt zum Teil an geschickter PR. Wenn die Sängerin Lily Allen als Testimonial für den Womanizer auftritt, führt das einfach dazu, dass das Thema viel weniger schambesetzt ist. Auch werden Toys heute von Männern nicht mehr als Bedrohung wahrgenommen. Es ist klar: Toys ersetzen nicht den Liebespartner. Toys machen Dinge, die Menschen nicht können. Das alles ist aber Bestandteil einer größeren Bewegung.

Welcher?

Langsam dürfte auch im letzten Kopf angekommen sein, dass Sexualität nichts ist, wofür man sich schämen muss, sondern ein völlig natürlicher Bestandteil unseres Lebens. Damit einher geht die Erkenntnis, dass Kommunikation der Sexualität zuträglich ist. Metoo war da nochmal ein großer Schritt: Nun wagten es Frauen, offen über Missbrauch zu reden. Damit wurde es aber auch möglich, darüber zu sprechen, wie wir uns Sex eigentlich wünschen. Auch wichtig ist, dass Sexualität endlich inklusiv gedacht wird. Es geht nicht mehr nur darum, dass nur junge, schlanke, der Norm entsprechende Körper Sex haben. Langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass Sexualität für alle da ist – und das ist wunderbar.

Theresa Lachner, Jahrgang 1986, ist systemische Sexualberaterin, Autorin und Gründerin des größten deutschen Sexblogs „Lvstprinzip“. Unter dem gleichen Titel veröffentlichte sie 2019 auch eine „Biographie ihres Begehrens“. Sie kämpft für eine von Zwängen befreite Sexualität.

3 Antworten

  1. Ich finde nicht, dass Sex Toys ein Geschenk sind. Sie stehen unter dem gesellschaftlichen Irrglauben “Schneller, Höher, Weiter” – jetzt brauchen wir also noch mehr Stimulation, um überhaupt noch was zu fühlen. Was wir wirklich brauchen ist, unsere Dumpfheit aufheben, wieder feinfühlig und sensibel zu werden. Dann brauchen wir keine Sensationen von aussen.

  2. Ich würde das differenzierter sehen:
    Sex Toys können ein Geschenk sein für uns verklemmte, in sich enge alte Knacker, die nie gelernt haben ihre Wünsche und Sehnsüchte offen auszusprechen und sich und ihren Körper hemmungslos zu erforschen;
    Sex Toys können ein simples Zusatz-Tool für die schnelle Nummer sein;
    Sex Toys können aber auch einfach weg gelassen werden

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