Deutschland – Grillland! Deutschland ist die Nummer EINS, wenn es um die (Grill-)Wurst geht. Rund 19-mal pro Jahr brutzeln, braten, rösten und verbrennen die Deutschen ihr Essen auf dem Grill.
Lt. einer Umfrage von „Statista“ ist Grillen nach wie vor eine Männerdomäne. Etwa 80 Prozent der deutschen Männer geben die Grillzange nicht aus der Hand. Dagegen übernehmen nur sieben Prozent der Frauen die Aufgabe des Fleisch-, Fisch- und Gemüsedrehens am Grill.
Eine Theorie der Wissenschaft zum Thema „Der Mann und der Grill“
Meist versammeln sich viele Menschen, um gemeinsam zu grillen – aber für gewöhnlich steht dann ein Mann am Rost. Die Frage, warum das so ist, beantwortet die Wissenschaft damit, dass sich Männer am Grill in die Rolle des Jägers und des Höhlenmenschens zurückversetzt fühlen“.1
Nina Degele, Professorin für Soziologie und Geschlechterforschung an der Uni Freiburg, sagte in einem dpa-Gespräch über das männliche Bedürfnis, Essen im Freien über offenem Feuer zuzubereiten, dass am Grillrost die männlichen Urinstinkte geweckt würden. Und weiter: „Die Arbeit mit rohem Fleisch wird als eindeutig männlich und archaisch empfunden. … wer das Feuer anzündet, steht in der Sozialhierarchie ganz oben …“ Ihrer Meinung nach ist es also sehr wahrscheinlich, dass Männer einfach grillen müssen, wenn sie dem Instinkt, den sie schon seit Urzeiten in sich tragen, folgen.
Obwohl der Mann von heute nur noch in den seltensten Fällen als Jäger das Tier, das später gegrillt werden soll, selbst erlegt, kann er so als Herrscher über die „Männerküche“ und Familienversorger beweisen, dass er in der Lage ist, das Feuer zu zähmen und die Sippe zu verköstigen.
Quelle: 1,2 Die wilden Männer am Grill (aerztezeitung.de)
Und wie stehen die Frauen zum „Spiel mit dem Feuer“?
Mehr Frauen an den Grill? Frauenquote für mehr Frauenanteil in deutschen Grillpositionen? Eher nicht! Frauen entwickeln nur sehr selten eine ähnliche Leidenschaft fürs Grillen wie Männer. Der Drang, ebenfalls ein Feuer zu entfachen und die Grillzange aus ihrem Winterschlaf zu wecken, nur weil der Nachbar in diesem Jahr mal wieder der Erste war, bei dem der Grill schon raucht, ist verschwindend gering.
Und das, obwohl Frauen womöglich auch einen Jägerinnen-Instinkt aus der Urzeit in sich tragen. Neue Forschungen und Grabfunde in Südamerika untermauern nämlich die These, dass unsere Vorfahren nicht nach festen Geschlechterrollen lebten, wie bisher angenommen.
Die Aufgabe der Frau bestand nach Ansicht der Forscher wahrscheinlich nicht nur darin, am Feuer zu sitzen, Kinder zu gebären und den Nachwuchs zu hüten. Die Frau ging vermutlich ebenfalls auf die Jagd. Das Leben unserer Jäger- und Sammler-Ahnen scheint so ganz anders gewesen zu sein, als es in unseren Büchern steht. Gleichberechtigung könnte in der Steinzeit gelebt worden sein.
Vielleicht ist der urzeitliche weibliche Jagdinstinkt bei Frauen von heute nur noch wenig ausgeprägt oder sie haben ihn besser unter Kontrolle. Ganz abhandengekommen ist er nicht, steigt doch der Anteil der deutschen Jäger- und Anglerinnen in den letzten Jahren rasant an.
Fakt ist aber trotzdem, dass die meisten Frauen beim Thema Grillen gerne auf die Gleichberechtigung verzichten und die Männer in ihrem Refugium gewähren lassen.
Warum überlassen Frauen, allen gendergerechten Erfolgen zum Trotz, freiwillig und auch noch gern dem Mann den Platz am Grill?
Frauen sind zwar auch gerne draußen, mögen es, im Freien zu essen, und das Grillen als Zubereitungsform von Essen. Ungeachtet dessen begeben sie sich beim Grillvorgang selbst meist lieber in den passiven Part.
Die Frage, warum sie das tun, ist ganz einfach zu beantworten: Weil sie es genauso wollen. Frauen gönnen den Männern ihr Grill-Event. Den meisten Frauen fehlt, im positiven Sinne, der Ehrgeiz und die Lust am Grillen. Und wenn sie noch genauer darüber nachdenken, fallen Ihnen Gründe ein wie:
- Sie haben keine Lust, an lauen Sommerabenden an einem heißen Rost zu stehen und dem Funkenflug auszuweichen, der es auf ihr neues Sommerkleid abgesehen hat.
- Sie möchten nicht wie ein verbranntes Grillwürstchen stinken.
- Auf gar keinen Fall wollen sie wie ein kranker Koala aussehen, nachdem ihnen Asche und der beißende Rauch vom Grill die Tränen in die Augen trieb und die Mascara und Eyeliner unsymmetrisch im Gesicht verteilten.
- Sie genießen es, die Wartezeit, bis das Grillgut den richtigen Garpunkt erreicht hat, am Tisch zu sitzen und alle aufgetischten Leckereien zu verkosten (während die männlichen Gäste um den Grill herumstehen und sich über Grillzangen, Vor- und Nachteile der verschiedenen Grillarten, den Zeitpunkt des Fleischwendens etc. unterhalten). Dazu ein gut gekühltes Glas Wein oder ein Bier. Hmmm, herrlich!
- Sie besprechen gerne ungestört so Wichtiges wie: „Weißt du schon…? Ich muss euch was erzählen …! Dein Mann hat in den Shorts aber einen echt knackigen Hintern …“
- Sie können, ist die erste Grill-Charge endlich fertig, sagen: „Für mich bitte nur ein bisschen Gemüse und ein Stückchen vom Käse. Ich habe nicht so großen Hunger.“ (Zum Glück hat niemand gesehen, was sie schon alles an Beilagen weggeknabbert haben.)
- Sie möchten in Ruhe essen. Der Mann, der am Grill steht, hat Stress. Kaum sitzt er am Tisch, muss er schon wieder aufspringen, zum Grill sprinten, und dafür sorgen, dass das Grillgut nicht verbrennt. Kommt er zurück, ist sein Stück Fleisch kalt.
- Sie hat keine Lust, den Rost zu reinigen. Den hat der Mann benutzt, also kann er ihn auch bitte saubermachen.
- Sie möchten, nach der Party satt und müde, nach einer schnellen Katzenwäsche ins Bett fallen. Der gefeierte Grillgott kann das nicht. Er verströmt ein rauchiges, verbranntes, bierseliges und leicht müffelndes Aroma. Während Frau sich schon in die Kissen kuschelt, muss Mann noch duschen.
Frauen können nicht grillen?
Doch, natürlich können Frauen grillen. Und wie sie das können. Und einige von ihnen verdienen in dieser Männerdomäne sogar ihr Geld.
- Anja Würfl zum Beispiel. Sie betreibt seit 2017 einen YouTube-Kanal unter dem Namen „Die Frau am Grill“, einen gleichnamigen Grillblog und einen Instagram-Account mit fast 10.000 Followern. Mit großem Erfolg veröffentlicht sie auf ihren Kanälen Grill-Rezepte und gibt Tipps rund ums Grillen.
- Yulia Haybäck, die sich nach eigener Aussage einen „Platz in der Welt der Spitzenköche ergrillt hat“, betreibt eine Grillakademie in Kärnten und ist mit ihrem Catering europaweit unterwegs. Auch auf YouTube ist sie mit Rezepten und Tipps vom Einkauf bis zur Zubereitung zu finden.
- Kathrin Soppa ist Mitbetreiberin einer BBQ-Grillschule, berät rund um den Grill und war schon oft als Grillmeisterin in der Fernsehsendung des WDR „Hier und Heute“ zu Gast.
- Und, und, und … viele andere mehr
Mein Fazit:
Ja, Grillen ist tatsächlich noch immer eine Männerbastion, die Frauen aber auch nicht um jeden Preis erstürmen und erobern möchten. Da wundert es wahrscheinlich niemanden, dass der Deutsche Grillmeister ein Mann ist. Vielleicht nicht mehr lange, denn einige Frauen haben sich erfolgreich ihren Platz als Spitzengrillerin ergrillt. Und das war für sie anfangs sicher nicht leicht.
Anja Würfl sagte dazu in einem Interview: „Als ich sozusagen meinen ersten Auftritt als ‚Frau am Grill‘ hatte, gab es schon ein paar, die da nicht so begeistert waren. Da gab’s dann auch Kommentare wie: ‚Geh Gemüse schnippeln‘ und ‚Lass uns unseren letzten Platz‘. Das ist vielleicht teilweise witzig gemeint gewesen, aber es waren am Anfang durchaus welche dabei, die da wirklich ein Riesenproblem mit hatten. … Ich denke, das ist einfach immer erst mal so, wenn was Neues kommt. Und es stimmt schon, es ist halt einfach was Außergewöhnliches.“3
Ich persönlich werde den Grillvorgang auch weiterhin größtenteils mit einigem Abstand genießen und den Grill jemandem überlassen, der oder vielleicht auch die es mag, das Essen über dem Feuer zuzubereiten.
Trotzdem bin ich neugierig geworden und werde tatsächlich selber mal das eine oder andere Rezept der genannten drei Damen am Grill selber nachgrillen. Ich bin gespannt, was die Männer dazu sagen.
Quelle: 3 Grillmeisterin im Interview – Anja Auer gibt Einblicke in die Kunst des Grillens – EMSA
Wir würden gerne von Dir wissen, ob es bei Euch auch so eine klare Rollenverteilung am Grill gibt?
Was grillt Ihr? Klassisch Fleisch und Würstchen oder auch mal Gemüsespieße, Käse und Tofu?
