Stille Entzündungen – heimlich und super gefährlich

Sie entstehen schleichend, machen schlapp und müde, steigern sogar das Herzinfarkt-Risiko: Mit stillen Entzündungen reagiert der Körper auf das, was wir das gute Leben nennen
Painful,Wrist

Um schädliche Eindringlinge abzuwehren, kann unser Körper ein starkes Geschütz auffahren: Unser Immunsystem agiert schnell und effizient gegen Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten, die uns schaden wollen. Meist merken wir es sogar nicht einmal, wenn die Abwehr mit einer Entzündung gegen innere oder äußere Verletzungen und Krankheitserreger vorgeht. Damit sich diese entzündlichen Prozesse nicht gegen uns selbst richten, leitet das Immunsystem gleichzeitig eine Gegenmaßnahme ein: Die Abwehr wird abgebremst, damit sie nicht länger als nötig aktiv bleibt. Sind die Krankheitserreger besiegt, endet somit auch die Entzündung. Das Fieber sinkt. Wir fühlen uns nicht mehr krank.

Was passiert aber, wenn diese entzündlichen Vorgänge in unserem Körper nicht stoppen? Wenn sie chronisch werden und die „Polizisten“ unserer Immunabwehr ständig im Einsatz sind? Genau das ist der Fall, wenn Du rauchst, Dich falsch ernährst, zu wenig bewegst, ständig Stress hast, nicht schlafen kannst oder zu viel Feinstaub einatmest, weil Du beispielsweise an einer stark befahrenen Straße wohnen.

Das alles kann nämlich eine sogenannte „Stille Entzündung“ auslösen. Die ist nicht heftig, aber doch messbar. Meist sind die Werte der Entzündungsproteine wie CRP im Blut leicht erhöht, liegen aber immer noch im Normbereich. Mit anderen Worten: Stille Entzündungen werden oft nicht erkannt. Sie entstehen auch nicht von heute auf morgen, sondern über längere Zeit hinweg. Und sie entwickeln sich verdeckt, ohne Fieber, ohne Schmerzen. Aber sie richten sich gegen körpereigene Strukturen und damit gegen den Körper selbst. Erschreckend: Bis zu 70 Prozent der Deutschen sind wahrscheinlich davon betroffen.

Ein kaum bekanntes Phänomen

„Wir verschenken Lebenszeit, leben kürzer und ungesünder, nur weil wir die stillen Entzündungen in unserem Innern nicht aktiv genug angehen“, sagt der Mediziner Dr. Peter Niemann, Autor des Buches „Die Anti-Entzündungsstrategie (19,99 Euro, Trias Verlag): „Denn diese stille Entzündung ist ein kaum bekanntes Phänomen.“

Die Wissenschaft stieß eher zufällig darauf: Bei Patienten mit Herzerkrankungen oder Diabetes mellitus fand man erhöhte Werte zahlreicher Entzündungsmarker im Blut. Man hielt das zunächst für eine nebensächliche Randerscheinung. Als man weiter forschte, stellte sich aber heraus, das die erhöhten Werte das Ergebnis von stillen und systemischen Entzündungen sind, die mitverantwortlich für die Herzerkrankung oder den Diabetes waren.

Quelle: Shutterstock, Blackregis

Moderner Lebensstil macht Probleme

„Die Hauptursache für die aus dem Lebensstil erwachsenen gesundheitlichen Probleme liegt in der Tatsache begründet, dass unsere ursprünglichen genetischen Anlagen und Bedürfnisse keine Berücksichtigung mehr in unserer modernen Lebensweise finden“, fasst es Prof. Karsten Krüger von der Justus-Liebig-Universität in Giessen in seinem Buch „Der Stille Feind in meinem Körper“ (17,99 Euro, Scorpio) zusammen.

„Hauptverantwortlich für die stillen Entzündungen“, so der Professor für Sport und Gesundheit: „Wir essen zu viel und vor allem das Falsche. Dazu bewegen wir uns zu wenig.“ Das Ergebnis: 67 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen in Deutschland sind übergewichtig und sogar 23 bis 24 Prozent beider Geschlechter adipös.

Stoffwechselstress durch Überernährung

Das hat Folgen: „Regelmäßige und andauernde Überernährung löst in vielen Zellen unseres Körpers eine Art Stoffwechelstress aus. Davon sind besonders die Fettzellen betroffen“, so Prof. Karsten Krüger. Aus ihnen besteht nämlich das Fettgewebe. „Wir können dort zwar Nahrungsfette speichern, sollten diese aber auch immer wieder durch regelmäßige Aktivität verbrauchen. Dadurch bleiben die Fettzellen klein und das Körperfett gering.“

Werden die Fettzellen nämlich ständig überladen, sind sie nicht mehr in der Lage, ihre Aufgabe als Fett- und Energiedepot zu erfüllen. Dadurch schnellen die Blutfettwerte hoch, Ablagerungen bilden sich. Das schädigt auf Dauer die Gefäßwände und treibt das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall drastisch in die Höhe. Außerdem lädt der Körper das Fett in anderen Organe ab. Zum Beispiel in der Leber und der Muskulatur. Dadurch wird der Leberstoffwechsel gestört; es entsteht eine sogenannte Fettleber. In der Muskulatur kommt es zu Signalen, die den Zuckerstoffwechsel stören und Diabetes Typ II entstehen lassen.

Fettzellen senden Alarmsignale aus

Wenn jetzt nicht die Essgewohnheiten umgestellt und sich mehr bewegt wird, schlagen die Fettzellen Alarm. Sie beginnen, Stess-Signale auszusenden. Die locken wiederum Immunzellen aus dem Blut ins Fettgewebe: ein sich selbst verstärkender Entzündungsprozess entsteht. „Man geht heute davon aus, dass 50 bis 70 Prozent der Bevölkerung davon betroffen sind“, so Dr. Peter Niemann.

Quelle: Shutterstock, YAKOBCHUK VIACHESLAV

Ernährungsumstellung und Bewegung hilft

In erster Linie geht es jetzt darum, Übergewicht zu reduzieren und auch langfristig die Ernährung so umzustellen, dass die Fettzellen wieder ihrer natürlichen Aufgabe nachgehen können und Nahrungsfette kurzfristig lagern können. Experten raten dabei, vor allem auf buntes und farbintensives Obst und Gemüse zu setzen. Je dunkler die Farbe, umso besser! Die in ihnen steckenden Karotinoide und Polyphenole wirken zudem stark antioxidativ. Genauso wie das enthaltene Vitamin C, das unser Körper nicht selbst herstellen kann.

Das ist wichtig, weil wir ständig oxidativem Stress ausgesetzt ist: Allein durch unser Essen, Trinken und durch die Atemluft nehmen wir Mengen hochreaktiver Stoffe und Chemikalien auf. Die schädigen Körperproteine, unser Erbgut und Zellbestandteile. Der wichtigste Schutz dagegen sind Antioxidantien.

Setz Dich aufs Fahrrad, laufe, baue ständig Bewegung in Deinen Alltag ein. Das hat verschiedene Effekte: Es baut Muskelmasse auf, reduziert das Fettgewebe, hilft beim Abnehmen, lässt Dich besser schlafen und senkt das Stresslevel – alles wirksame Mittel gegen die stillen Entzündungen. „Eine wichtige Ursache des positiven Effekts von Sport und Bewegung ist die Produktion von hormonähnlichen Substanzen im Muskel, die entzündungsregulierend wirken“, weiß Professor Karsten Krüger.  Beim Sport an der Luft wird zudem durchs Sonnenlicht Vitamin D gebildet. Hilfreich sind auch Spaziergänge im Wald: dadurch verbessern sich chronische Entzündungen und Blutwerte.

Abgesehen davon, dass man versuchen sollte, möglichst ohne Nikotin und Alkohol auszukommen, ist auch der Faktor Schlaf immens wichtig: Denn die Reparationsmechanismen der Zellen laufen vor allem nachts ab. „Wissenschaftliche Studien fanden heraus, dass diverse Entzündungswerte stark anstiegen, je weniger die untersuchten Personen schliefen“, weiß Dr. Peter Niemann. „Deshalb ist eine optimale Schlafdauer von höchster Wichtigkeit.“

Warum Krebs im Bauchspeck entsteht

Fettzellen produzieren Stoffe, die Tumore hervorrufen können

Fettleibigkeit kann das Leben verkürzen: Wer einen Body-Mass-Index (BMI) von 40-45 hat, lebt im Schnitt 6,5 Jahre weniger, mit einem BMI über 55 sogar 13,7 Jahren kürzer als Normalgewichtige. Das liegt daran, dass Fettgewebe und -zellen Entzündungsvorgänge im gesamten Körper auslösen: Das Fett produziert Adipokine, die Immunzellen auf den Plan rufen. Diese wiederum setzten Entzündungsprozesse in Gang.

Dr. Peter Niemann: „Etwas überspitzt kann man sagen, dass Fettzellen nicht nur ein Energiespeicher sind, sondern auch wie eine Fabrik eine große Anzahl an Entzündungsstoffen herstellen.“ Deshalb kann man bei schwer übergewichtigen Menschen ein erhöhtes Risiko von Krebserkrankungen wie Brust- oder Darmkrebs feststellen. Mit zunehmendem BMI kommen auf sie auch Erkrankungen wie Herzinfarkt, Depressionen, Wundheilungsstörungen, Gelenkarthrose, Diabetes, Asthma und Autoimmunerkrankungen zu.

Bauchfett als Entzündungsherd

Das Entzündungsrisiko des Fettgewebes hängt unter anderem davon ab, wo es sitzt: Um die Hüften herum ist es nicht so gefährlich wie vor dem Unterbauch. Mit wachsendem Umfang an dieser Stelle wandern besonders viele Entzündungszellen ein. Der Facharzt für Innere und Intergrative Medizin sowie Geriatrie: „Achten Sie auf die Entwicklung Ihres Bauchfettes. Ein deutlicher Bauchansatz – vor allem in Verbindung mit einer schmaleren Hüfte – ist ein deutliches Signal dafür, sich mehr zu bewegen und die Ernährung umzustellen. Sonst wird das Bauchfett zum Entzündungsherd.“

Hast Du mit Übergewicht zu kämpfen oder sogar mit stillen Entzündungen? Wie geht es Dir damit?

3 Antworten

  1. Hallo,
    genau das, was Sie beschrieben, erlebe ich leider gerade. Ich litt in diesem Frühjahr unter COVID, es waren daei fuchtbare Wochen und dann ging es mir besser. Eigentlich wieder gut. Doch nach zwei Monaten bemerkte ich plötzlich dass meine Gedächnisleistungen nachliessen. Langzeit-COVID diagnostiziert. Die Reaktion meines Körpers darauf ist eine einzige große Entzündung, einschließlich Lunge, Herz, und Gehirn. Es ist sehr schlimm und der einzige Grund, warum ich es herausgefunden habe, ist, dass ich wegen Gedächtnisproblemen zum Arzt gegangen bin. Doch das Schlimmste ist: es gibt keine Behandlung dagegen

  2. Seit ich 64 war, litt ich unter den Symptomen, die Sie beschrieben haben. Ärzte waren nie in der Lage, dem Problem auf den Grund zu gehen, also wandte ich mich irgendwann der Meditation zu. Ich weiss viele Leser werden jetzt erstaunt sein und eventuell sogar den Kopf schütteln – “was kann Meditation denn bei Entzündungen ausrichten?!?”
    Viel. Jedenfalls bei mir.
    Meine Entzündungen sind nicht vollständig weg, aber ich alte sie durch tägliche Meditation sehr gut in Schach.

  3. Ich habe jahrelang mit Nahrungsergänzungsmitteln experimentiert und schliesslich festgestellt, dass die Einnahme mehrerer entzündungshemmender Nahrungsergänzungsmittel bei mir wirklich gut funktioniert. Eine Diät hat auch geholfen, aber es fiel mir leider sehr schwer, mich daran zu halten.

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