18.09.23: Meine Reise nach Venezuela

Ich glaube, meine Reise nach Venezuela hatte ich schon einmal erwähnt. „Aus der Reihe tanzen und sich etwas wagen“ könnte die Überschrift dieses Trips sein. 

Nachdem meine Freundin, mit der ich diese Reise hatte antreten wollte, mir nämlich überraschend abgesagt hatte, hatte ich mich entschlossen meinen südamerikanischen Traum mit Backpack und Zelt allein anzugehen. „Mutig!“, kommentierten Freunde. 

„In der Tat“, wurde mir bewusst, als ich im Flieger den Reiseführer durchforstete und zu dem Ergebnis kam, dass die Hauptstadt Caracas ein heißes Pflaster und schleunigst zu verlassen wäre, sobald ich dort angekommen war. Nur wohin? Ich hatte den Flug gebucht und sonst nichts. 

Die Antwort lieferte der Fototeil des Reiseführers: Dort entdeckte ich einen weiten weißen Sandstrand am kristallblauen Meer, gesäumt von Schatten spendenden Palmen, unter denen sich rote, grüne und gelbe Zelte tummelten. Die Bildunterschrift versprach: „Der Strand von Choroni ist ein beliebtes Ausflugsziel der Venezuelaner und wildes Campen unter freiem Himmel gestattet.“ Wunderbar nichts wie hin! 

Nach endloser ruckelnder Busfahrt in nachmittäglicher Hitze, gefolgt von einem Fussmarsch über einen schlammigen, abgeschiedenen Dschungelpfad, kam ich am Abend an besagtem Strand an und traute meinen Augen nicht: leer! Keine Menschenseele ebenso wenig ein Zelt. Auweh hier sollte ich allein die Nacht verbringen? An einem einsamen Strand, zu einer Seite das offene Meer, zur anderen der dunkle Wald, aus dem Tierrufe herüberwehten? Mir wurde Angst und Bange sowie bewusst, dass ich den letzten Bus hierher erwischt hatte. Bis zum nächsten Morgen also keine Möglichkeit, hier wegzukommen. Ernüchtert und ängstlich sank ich auf mein am Boden liegendes Backpack hinab. Und bemerkte aus dieser Position ein Flackern ganz am Ende des Strandes. War da etwas? Ja! Ein Feuer! 

Da waren Menschen. Zwei an der Zahl, die auf einem Gaskocher vor ihrem schäbigen Zelt eine Dose Bohnen aufwärmten. Besonders einladend wirkten sie nicht: zerrissene Kleidung, ungewaschene Haare, fehlende Zähne und dreckige nackte Zehen. Landstreicher? Doch ich hatte keine Wahl. Mit Händen und Füßen erklärte ich in gebrochenem Spanisch, dass ich mein Zelt neben ihrem aufbauen würde, um die Nacht nicht ganz allein überstehen zu müssen. 

Ich erlebte eine große Überraschung: Hector und Vanessa entpuppten sich als liebenswürdige Menschen, die Ketten und Armbändchen bastelten, um ihr bescheidenes Geld zu verdienen, und mangels desselben tatsächlich in einem Zelt am Strand lebten. Die dennoch ihre letzte Dose Bohnen mit mir teilten, mir halfen mein Zelt aufzubauen und mir Tee machten und die mich in den drei Wochen, in denen ich schlussendlich mit ihnen am Meer lebte, lehrten, dass der erste Eindruck nicht immer der richtige ist und es sich lohnt mutig zu sein, über die eigene Komfortzone hinauszuwachsen und sich zu trauen. Trauen, dem Ungewissen zu begegnen, welches sich in meinem Fall als Freunde fürs Leben entpuppte. 

Achso: Und falls der aufmerksame Leser sich fragt, wieso das Foto einen Strand voller Zelte zeigt, ich jedoch keine vorfand. Das lag am Wochentag. Ich kam an einem Dienstag an und sollte am Freitag miterleben, wie die aus Caracas anreisenden Städter den Strand übers Wochenende in eine einzige große Barbecue-Party verwandelten und alle dann am Sonntagabend wieder abzogen. Wir drei hatten nichts dagegen.

M.

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Ich bin Marie, 53, kreativer Freigeist, und erlebe das Älter-Werden als spannende neue Lebensphasen, in denen ich mich immer wieder neu erfinden kann.

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