Fred B. Bryant und Joseph Veroff sind Genuss-Forscher. Seit knapp zwanzig Jahren studieren sie die Frage, wie Menschen ihr Leben mehr geniessen können und sagen: „Genuss ist die Fähigkeit, positive Gefühle bewusst auszukosten.“ Anders übersetzt: einen positiven Moment in ganzer Fülle erleben, riechen, schmecken, hören, sehen, fühlen – also vollumfänglich geniessen zu können.
So weit, so gut.
Was aber, wenn ich gerade Stress habe, über Problemen grüble, einsam, traurig oder lustlos bin? Gerade in herausfordernden Zeiten tendiere ich dazu, mir meine genussvollen Momente zu streichen.
Nach dem Motto „Dafür ist heute keine Zeit“ fällt der Plan, mit meinem neuen Buch und einem Gläschen Wein auf dem Balkon zu sitzen, flach.
Und genau das ist der Fehler.
Weil: Genuss und die damit verbundene Entspannung und Freude erschaffen Ausgeglichenheit, ein gesundes Immunsystem sowie innere Kraft und Ruhe – und eben die brauchen wir, um schwierige Situationen besser meistern zu können.

Der Trick: Genuss-Momente üben
Für den einen ist es eine dampfende Tasse Tee, für den anderen ein heißes Bad oder ein Telefonat mit einem geliebten Menschen. Genuss ist vielfältig und individuell. Ich übe seit geraumer Zeit jeden Tag mindestens einen bewussten Genuss-Moment zu zelebrieren.
Anfangs hatte die flüsternde Stimme in meinem Ohr immer wieder zwei Einwände.
Nummer 1: „Ich hab aber gerade auf nichts Lust, mir fällt nichts ein.“ Dem begegne ich mit einer Liste genussvoller Inspirationen, welche an meinem Kühlschrank pappt.
Darauf steht zum Beispiel:
- einen Tasse voll mit Milchschaum genießen
- in einem Buch schmökern
- Body-Rundum-Paket mit Gesichts-Maske, Körper eincremen und Nägel lackieren
- im Wald spazieren gehen
- ein Stück Schokolade auf der Zunge zergehen lassen
- ein entspannendes Nickerchen machen
- meinen Lieblings-Podcast hören
- fünf Minuten hinsetzen, die Augen schließen und meinem Atem lauschen
Einwand Nummer 2 lautete: „Ich hab aber keine Zeit!“ Dieser Ausrede begegne ich mit Verbindlichkeit. Ich habe meine Genuss-Momente als feste Termine im Kalender eingetragen, und das täglich. Diese behandle ich wie einen offiziellen Termin, er wird weder abgesagt noch verschoben.
Der Effekt: Genuss-Fähigkeit
Vergiss nicht: Es geht hier weniger darum, sich bewusste Me-Zeit einzuplanen (wobei dies ein netter Nebeneffekt ist), sondern die innere Fähigkeit zu trainieren, genießen zu können. Wenn Du dieses Training einmal 30 Tage konsequent durchziehst, wirst Du merken, dass Du ganz automatisch in einer problematischen Situation innehalten und Dich z. B. fünf Minuten mit einem Tee hinsetzen oder dass Du sogar in einer dröhnenden U-Bahn die Augen schließen, an einen genussvollen Moment zurückdenken und Dir darüber wertvolle positive Energie holen kannst.
Ich jedenfalls habe festgestellt, dass Genuss weitaus mehr ist als ein leckeres Essen oder eine schöne Massage, sondern eine innere Haltung.
Was sind Deine persönlichen “Genuss-Momente”, wo und wie kannst Du gut entspannen?