Die ersten Freunde haben „für später“ in seniorengerechte Wohnungen investiert oder sich auf die Wartelisten edler Seniorenwohnanlagen setzen lassen. Es ist wie mit den Kindergartenplätzen: Wer sich nicht rechtzeitig kümmert, hat das Nachsehen. Eine große Sorge: Dass die Rente später nicht reicht, um den Lebensstandard zu halten.
Unsere Freunde Bernd und Gisela haben drei Kinder großgezogen. Der Sohn arbeitet als Ingenieur in Südamerika, eine Tochter ist Lehrerin in Norddeutschland, die zweite hat geheiratet und ist in das Heimatdorf des Mannes gezogen. Das Verhältnis zu allen drei Kindern ist gut – aber Bernd und Gisela wollen ihnen im Alter nicht zur Last fallen. Und was, wenn einer von ihnen stirbt? Sie haben sich ausrechnen lassen, dass Rente plus Betriebsrente und Altersvorsorge reichen werden, um zu reisen und zu wohnen wie bisher. Fürchten aber, dass vielleicht noch Arzt- und Vorsorgekosten dazukommen.
Alte und neue Wohnmöglichkeiten im Alter
Immer mehr Menschen möchten selbstbestimmt altern. Aber was heißt das? Welche Möglichkeiten gibt es?
Natürlich die Klassiker: gemeinsam kann eine seniorengerechte Wohnung bezogen werden, oft angebunden an eine Seniorenwohnanlage. Oder die Menschen bleiben einfach in der bisherigen Wohnsituation, so lange es geht.
Immer erfolgreicher wird derzeit das sogenannte „Mehrgenerationenhaus“. Es ist bekannt, dass der Kontakt mit jüngeren Menschen die Gesundheit von Senioren stärkt. Junge profitieren ebenfalls – vom Wissen, von der Erfahrung, auch von der Zeit. Ältere können babysitten, kochen, Hausaufgabenhilfe oder auch einfach nur Gesellschaft leisten.
Ein Mehrgenerationenhaus ist keine XL-WG. Jede Bewohnerin und jeder Bewohner oder jede Familie hat einen eigenen Bereich, also z.B. eine eigene Wohnung. Diese werden häufig bei Einzug nach eigenen Wünschen renoviert oder saniert. Das kann die Ausstattung betreffen, vor allem aber auch die Barrierefreiheit.

Im „Hausprojekt“ entsteht gelebte Solidarität
Kombiniert mit einem zweiten innovativen Wohnmodell wird ein solches Projekt auch finanziell reizvoll. Bundesweit etablieren Studenten sogenannte „Hausprojekte“. Mit Hilfe einer Anschubfinanzierung durch Gleichgesinnte werden größere Wohnhäuser erworben und in Eigenregie instandgesetzt. Eine geschickte Vertragskonstruktion verhindert Mietspekulationen – das heißt, die Kosten sind und bleiben kalkulierbar. Sie liegen in der Regel deutlich unterhalb des regionalen Mietniveaus. Es muss aber kein Immobiliendarlehen aufgenommen werden, was Banken Rentnern nur selten gewähren.
Ein derartiges Projekt ist gelebte Solidarität: natürlich innerhalb der Wohngemeinschaft, aber auch mit zukünftigen Bewohnern, die auf diese Weise erschwinglichen Wohnraum finden können. Sinn eines solchen Mehrgenerationen-Hausprojektes ist zwar auch das seniorengerechte Wohnen, vor allem aber die Zusammenstellung einer möglichst gut funktionierenden Hausgemeinschaft, in der alle bereit sind, einander zu unterstützen.
Umfangreiche Vorarbeit erforderlich
Von der Idee über die Findung Gleichgesinnter, die Suche nach einem passenden Objekt, Erwerb und Instandsetzung bis zum Einzug können leicht drei bis fünf Jahre vergehen. Deshalb ist ein guter Zeitpunkt für die Initiierung eines derartigen Wohnvorhabens die Zeit nach dem Auszug der eigenen Kinder. Zugleich wird so das „empty nest“-Syndrom gelindert und Paare arbeiten an einem gemeinsamen Ziel.
Mögliche Mitstreiter finden sich durch Mund-zu-Mund-Propaganda, über die schwarzen Bretter in Kirchen und Supermärkten, via Internet oder auch durch ein Kurz-Interview mit der Lokalzeitung. Mehrgenerationenhäuser stehen grundsätzlich jeder und jedem offen – zu klären ist, was das konkret für die einzelnen Mitglieder bedeutet.
Wer wünscht sich was? Die neue Gruppe sollte sich einmal pro Monat treffen. Die Gründung eines Vereins und ein nomineller Mitgliedsbeitrag sorgen für Verbindlichkeit. Infos und Unterstützung bei der Durchführung eines „Hausprojekts“ bietet das „Syndikat“ (https://www.syndikat.org/de/).
Infos über staatliche Förderungsmöglichkeiten bietet das „Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus“ (https://www.mehrgenerationenhaeuser.de/). Dort werden zudem über 500 Mehrgenerationenhäuser bundesweit vorgestellt.

Wir haben mehrfach mit Bernd und Gisela darüber diskutiert, ob diese Wohnform für sie die richtige ist. Abstrakt lässt sich das nicht entscheiden. Die drei Kinder unterstützen das Engagement der Eltern – denn es ist eine große Erleichterung für sie, dass die Eltern Eigenverantwortung zeigen und im Alter aktiv bleiben wollen. Der nächste Schritt besteht darin, einmal ein solches Projekt in der Nähe zu besuchen.
Wie lebst Du? Zur Miete oder im Eigentum? Allein, mit Partnern oder Familie, oder mit Freunden? Und lebst Du lieber in der Stadt, im Speckgürtel oder in der Natur?
6 Antworten
Ich lebe in einem riesigen Haus, Eigentum, die Kinder sind aus dem Haus und haben mir neulich eröffnet, dass sie es auch nicht haben wollen: zu weit weg vom Schuß. Ich verstehe das. Eine Art WG darin zu gründen ist ein interessanter Gedankengang.
Wenn es hier jemanden gibt, der Interesse hat sich darüber auszutauschen würed ich mich freuen. Ich wohne im Sauerland.
Ja ja ja, die ganze Welt spricht von dem tollen Mehrgenerationenhaus, das ist ja so hip und modern und gut für alle. Ich wohne in einem und kann nur sagen: es ist Stress pur. Man bekommt sich in die Haare, alles wird bis ins kleinste endlose Detail zer-diskutiert und nichts wird auf die Reihe gebracht. Ich ziehe bald wieder aus.
Lieber Dagobert Duck, Danke für Deine Einsichten. Meinungsverschiedenheiten können natürlich in jeder Form des Zusammen-Lebens vorkommen. Wir wünschen Dir, dass Du weniger Stress hast. Herzlichst Marie & Henry
Schöner Artikel, die Grundidee “Gemeinsam nicht einsam” funktioiert aber mit jeder Art von Community. Man kann auch eine reine Rentner-Wg gründen, oder aber sich aufgrund von gleichen Interessen zusammen finden und wohnen. Ich finde das sollte nicht auf’s Alter beschränkt sein.
Autsch